Berechnung der Ökosystemdienstleistungen einer Ulme
Die Visualisierung von Ökosystemdienstleistungen von Bäumen ist besonders im urbanen Raum ein wichtiges Instrument zur Sensibilisierung.
Als Ökosystemdienstleistungen werden Vorteile bezeichnet, welche Menschen aus natürlichen Ökosystemen erhalten. Diese werden in vier Kategorien unterteilt (baumbezogene Beispiele in Klammern):
- Versorgungsleistungen (Bereitstellung von Holz, Filterung von Trinkwasser, Bereitstellung von Sauerstoff)
- Regulierungsleistungen (Temperaturregelung, Luftreinigung, Hochwasserschutz)
- Kulturelle Leistungen (Erholungsräume, Treffpunkte)
- Unterstützende Leistungen (sämtliche Prozesse, welche die notwendigen Bedingungen für die Existenz aller Ökosysteme sicherstellen, wie etwa den Nährstoffkreislauf (grunewald & bastian 2023, S. 90))
Bei der Darstellung von «Baumleistungen» wird oft die Sauerstoffproduktion der Bäume prominent erwähnt. Die genannten Zahlen sind jedoch oft trügerisch oder sogar falsch. Dabei wird die Eigenatmung der Bäume häufig vergessen. Zudem setzen Bäume im Verrottungsprozess einen Großteil ihres assimilierten CO₂ wieder frei. Dieser Prozess verbraucht folgerichtig den bei der Bindung freigesetzten Sauerstoff wieder. So argumentiert Roloff (2019, S. 62), dass Bäume zwar einen Sauerstoffüberschuss im kleineren Prozentbereich produzieren und somit einen grossen Einfluss auf den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre ausüben, jedoch kein direkter Bezug zwischen der Produktion einzelner Bäume und dem Verbrauch durch den Menschen hergestellt werden sollte. Auch Nowak et al. (2007, S. 220) kommen zu einem ähnlichen Schluss: Die städtischen Wälder in den USA produzieren zwar etwa genug Sauerstoff, um den jährlichen Verbrauch von zwei Dritteln der US-Bevölkerung auszugleichen (der Verrottungsprozess der Bäume nicht eingerechnet), doch dieser Nutzen sei relativ unbedeutend und von vernachlässigbarem Wert, da die Atmosphäre bereits einen hohen Sauerstoffgehalt aufweise. Andere Vorteile der Stadtbäume, wie deren Einfluss auf die Umweltqualität und die menschliche Gesundheit, seien viel wichtiger als die Sauerstoffproduktion.
Folglich spielen die Sauerstoffproduktion sowie beispielsweise auch die Holzproduktion eine untergeordnete Rolle im urbanen Raum. Viel wichtiger sind Leistungen, welche die negativen Auswirkungen des dicht bebauten Umfeldes puffern. Dazu zählen beispielsweise die Adsorbierung von Luftschadstoffen, Senkung der Umgebungstemperatur, Verringerung des Wasserabflusses oder die (zumindest mittelfristige) Speicherung von CO₂.
All diese Leistungen können, zumindest näherungsweise, berechnet werden. Unter anderem mit Tools wie i-Tree (https://www.itreetools.org/). Nötig ist dafür einzig eine genaue Aufnahme und Ausmessung des Baumes oder Baumbestandes.
Bei der untersuchten Flatter-Ulme in Kreuzlingen, wahrscheinlich eine der grössten und ältesten ihrer Art in der Schweiz, wurde eine Blattoberfläche von rund 2400 m2 berechnet. Gespeichert hat sie rund sieben Tonnen Kohlenstoff was ungefähr 26 Tonnen CO₂ entspricht. Zudem entlastet sie das Abwassersystem um rund 1’000 WC-Spülungen pro Jahr. Die Luftschadstofffilterung konnte aufgrund fehlender Messstationen nicht errechnet werden.

Grunewald, K. & O. Bastian (2023): Ökosystemleistungen: Konzept, Methoden, Bewertungs- und Steuerungsansätze. Berlin: Springer Spektrum
Nowak, D. J., Hoehn, R., & Crane, D. E. (2007). Oxygen Production by Urban Trees in the United States. Arboriculture & Urban Forestry. 33(3), 220-226.
Roloff, A. (2019). Baumpflege. Stuttgart: Eugen Ulmer