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Zugversuch an Blut-Buche mit Wurzelabgrabung

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Im Zuge von Wurzelsondierungen für Baumassnahmen wurde festgestellt, dass in der Vergangenheit ein grosser Teil des Wurzelwerkes einer Blut-Buche abgegraben bzw. abgerissen wurde. Um die Standsicherheit des Baumes zu prüfen, wurde daher ein Zugversuch angeordnet.

Da im Wurzelraum einer Blut-Buche auf einem Kindegartenspielplatz Baumassnahmen geplant sind, wurde im Vorfeld eine Wurzelsondierung vorgenommen. Dies um das Wurzelwerk genau lokalisieren zu können. Dabei wurde festgestellt, dass in der Vergangenheit weiträumige Wurzelverletzungen stattfanden (siehe Abb. unten), weshalb die Standsicherheit des Baumes eingeschränkt sein könnte. Um dies zweifelfrei feststellen zu können, empfahlen wir deshalb die Durchführung eines eingehenden Untersuchs mittels Zugversuch.

Dabei handelt es sich um die einzige Methode, bei welcher, weitestgehend verletzungs- und zweifelsfrei die Stand- und Bruchsicherheit (Kippen mit Wurzelwerk bzw. überirdisches Brechen) eines solchen Baumes festgestellt werden kann (ROLOFF 2023, S. 231). Die Ergebnisse ermöglichen eine gezielte und baumverträgliche Pflege für die kommenden Jahre – und hoffentlich Jahrzehnte – ohne das Umfeld des Baumes zu gefährden.

Dabei wird die Last der Windeinwirkung bei Orkanstärke simuliert, in dem man mit einem Seil und einer relativ geringen Kraft am Baum zieht (max. 25 % der Orkanlast, siehe Abb. oben). Messgeräte am Stamm (siehe Abb. unten) erfassen dabei die Dehnung der Holzfasern (Bruchsicherheit) und Geräte am Stammfuss den Neigungswinkel (Standsicherheit). Diese Messwerte werden anschließend auf die Belastung bei Orkanstärke hochgerechnet. Massgeblich ist dabei ein Sicherheitsfaktor von 1,5 (150 %), wobei 100 % der Krafteinwirkung bei Orkanstärke entspricht.

Diese tatsächliche Lasteinwirkung bei Orkan (Bemessungswindmoment) wird im Vorfeld des Zugversuches mittels Windlastanalyse berechnet und von der Software direkt mit den Messwerten des Zugversuchs verrechnet. Dazu wird die Kronenfläche («Windsegel») ausgemessen und mit diversen weiteren Faktoren ergänzt. Entscheidend ist dabei die schlussendliche Krafteinwirkung auf den Stammfuss.

Ergebnisse

Der Zugversuch wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Robinia Baum-Management durchgeführt, welche auch die Messergebnisse ausgewertet hat.

Die Windlastanalyse ergab einen Bemessungswindmoment von 417 kNm (ca. 42 t). Diese Kräfte entstehen folglich am Stammfuss bei Orkanstärke. Aufgrund des grossen Stammdurchmessers weist der Baum – bei Annahme eines kreisrunden und vollständig intakten Stammes – eine Grundsicherheit mit einem Faktor von 12,5 auf (gegenüber den geforderten 1,5).

Bei der Bruchsicherheit wurden Messwerte zwischen den Faktoren 2,5 und 14 festgestellt. Der Baum verfügt demnach an seiner schwächsten Stelle über eine Sicherheitsreserve von Faktor 2,5. Für die Standsicherheit wurden Werte zwischen 2,8 und 9,8 gemessen.

Die Blut-Buche hat somit sowohl bei der Stand- als auch bei der Bruchsicherheit im Vergleich zur Grundsicherheit an Reserven eingebüsst. Die gemessenen Werte liegen jedoch weiterhin deutlich über den geforderten 150 %. Ob dies direkt mit den Wurzelabgrabungen in Zusammenhang steht, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Ein Baum mit solchen Schadsymptomen muss jedoch künftig jährlich visuell beurteilt und der Zugversuch in einigen Jahren erneut durchgeführt werden.

ROLOFF, A. (2023): Baumpflege. Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer. ISBN 978-3-8186-2041-7